Ennigerloh – „Zufälle sind unvorhergesehene Ereignisse, die einen Sinn haben“, hat es schon der altgriechische Philosoph Diogenes richtig erkannt. So scheint es auch in diesem Fall, als Paul Hohelüchters Frau, die sich in ehrenamtlich in der Grevener Flüchtlingshilfe engagiert, auf der Suche nach technikbegeisterten Flüchtlingen für ihr beider Unternehmen Kogotec suchte. Das brachte Paul Hohelüchter selbst auf die Idee, im Ennigerloher Betrieb einen Flüchtling einzustellen. Über ein paar Ecken und Kontakte, zu denen auch die Ansprechpartnerin für den Betreuerkreis der Flüchtlinge und Asylbewerber in Ennigerloh gehört, fiel der Name Mamadou Sow, einem jungen Afrikaner, der seit 4 Jahren in Deutschland lebt und seit geraumer Zeit in Ennigerloh wohnt.
Paul Hohelüchter bot dem 35Jährigen aus Guinea an, im Frühjahr dieses Jahres ein dreiwöchiges Praktikum in seinem Unternehmen zu absolvieren. Er war der Ansicht, dass Integration nur durch Arbeit und den Umgang mit Anderen gelingen würde; dadurch würde auch die deutsche Sprache gefördert werden. Sow, der schon in der Schule technikbegeistert war, sah seine Chance gekommen und sagte sofort zu.

v.l.n.r.: Paul Hohelüchter, Inhaber der Firma Kogotec in Ennigerloh, Mamadou Sow und Ingeborg Pust (Betreuerin der Flüchtlinge)
Nicht nur für den Flüchtling selbst, sondern auch für Hohelüchter waren vor allem die vielen Wege der Bürokratie frustrierend, von den fehlenden Zuständigkeiten ganz zu schweigen. Trotzdem ließ sich der Geschäftsinhaber von diesen Hürden nicht abhalten, und bot Mamadou nach erfolgreichem Praktikum Anfang Juli eine Festanstellung in seinem Landmaschinenbetrieb am Up’n Kiwitt an. An dem Westafrikaner schätzte er nicht nur seinen Fleiß, sondern auch seine Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Sow konnte mit viel Eigeninitiative und Lernbereitschaft, die er an den Tag legte, schnell in den Betrieb integriert werden, so dass er mittlerweile einfache technische Arbeiten selbständig in der Werkstatt erledigen kann. Hohelüchter lobt seine deutlich besser gewordenen Deutschkenntnisse, denn vorher sprach Sow nur Französisch.
Der Firmeninhaber bedankt sich in diesem Zusammenhang auch für das erbrachte Engagement der Kollegen, das er keineswegs für selbstverständlich hält. „Viele Arbeiten wurden zeitaufwendiger, da Mamadou erst alles erklärt werden musste – in einer Sprache, die er kaum verstand und mit Händen und Füßen“, verrät er. „Trotzdem hat es funktioniert, und seine Mitarbeiter wurden nicht nur zu Kollegen für Sow, sondern quasi auch zu Flüchtlingshelfern. Er sah so stolz aus“, erinnert sich Hohelüchter an den Tag zurück, als Mamadou seinen Arbeitsanzug bekam.
Ingeborg Pust, die in Ennigerloh erste Ansprechpartnerin für die Betreuung und Begleitung von Flüchtlingen und Asylbewerbern ist und erst vor Kurzem mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet wurde, lobt Hohelüchters selbstauferlegte Verpflichtung, etwas für Flüchtlinge zu tun, denn eine Praktikumssuche bei kleinen Betrieben gestaltet sich in der Regel sehr schwierig, besonders für die Flüchtlinge. Die Betriebe würden meist die schier unüberwindlichen Hürden der Bürokratien scheuen und am Ende lieber gar keinen Flüchtling einstellen als diesen Aufwand auf sich zu nehmen. „Es müsste viel mehr Betriebe so wie Kogotec GmbH geben, dann hätten viel mehr Flüchtlinge auch eine Chance.“

v.l.n.r.: Thomas Heese (ehrenamtlicher Leiter der Fahrrad-AG), Ingeborg Pust, Michael Droste vom Jugendzentrum, Mamadou Sow in der Werkstatt im Jugendzentrum
Nach Feierabend hilft Mamadou Sow, wenn er nicht seinem Hobby, dem Radfahren nachgeht, weiterhin ehrenamtlich in der Fahrrad-AG des Jugendzentrums Ennigerloh aus. Thomas Heese, ehrenamtlicher Betreuer lobt ebenfalls dessen Engagement und erinnert sich an die Anfangszeiten der Fahrrad-AG, die er gemeinsam mit Mamadou im Sommer 2015 als Ableger der Fahrrad-AG der Gesamtschule als eigenes Projekt gegründet hat. In der Fahrrad-AG werden seitdem alte Drahtesel, die von Privatpersonen abgegeben werden, wieder fahrtauglich gemacht und für einen geringen Kostenbeitrag an die Flüchtlinge abgegeben. Heese weist darauf hin, dass Mobilität ein wichtiger Grundstein für die Flüchtlinge ist. „Die Flüchtlinge sind sehr dankbar für die Fahrräder. Ohne Mamadou wäre die Fahrrad-AG nicht entstanden“, sagt Heese. Auch die Wartung und Instandhaltung übernehmen Mamadou und er im Kellerraum des Juzzes und können sich bei der Vielzahl von defekten Fahrrädern über fehlende Arbeit nicht beklagen.
Für seine weitere Zukunft steht dem Westafrikaner, der in seiner Heimat noch Frau und Kind hat und diese nachholen möchte, sobald es geht, nicht nur in seinem Berieb Kogotec alles offen.